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Sprache anfassen

"Sprache anfassen - Ein Werkstattbuch" - ein Titel, der neugierig macht und Lust auf kreatives Schaffen verspricht. Orientiert an den Dingen, die Kinder berühren und bewegen, eröffnet das Buch seinen Leserinnen und Lesern spielerische Zugänge, gemeinsam mit Kindern die Welt der Sprache zu entdecken.

Die Autorin Marlies Koenen bringt die Welt der greifbaren Dinge und die der Vorstellungen in Einklang und macht sie für den Bereich der Sprachförderung nutzbar: Durch das Erleben und den handelnden Umgang mit vielen Dingen erlangen Kinder Sachkenntnis und Weltwissen, das später durch die Bildung von Begriffen und der Entwicklung von Bedeutungen fassbar gemacht und vertieft wird. Die Wahrnehmung von Dingen (fühlen, riechen, schmecken, hören, sehen) wird somit als Ausgangspunkt für die Entstehung von Sprache betrachtet. Geschichten spielen bei diesem Prozess eine wichtige Rolle: Sie sind "Gefäße" für die Imagination der Kinder und helfen dabei, das eigene Erleben zu strukturieren und im wahrsten Sinne des Wortes auf den Begriff zu bringen. Auf dieses Fundament baut das Buch schrittweise auf. Veranschaulicht wird, wie Sprache durch das Erfinden eigener Geschichten gefördert werden kann.

Inhalt und Aufbau

Sprechanlässe schaffen!

Anhand anschaulich dokumentierter Praxisbeispiele für Vorschul- und Schulkinder thematisiert die Autorin im ersten Teil des Buches, wie zufällige oder herbeigeführte Situationen genutzt werden können, um Kinder zum freien Erzählen zu animieren. So wird beschrieben, wie die Jungen und Mädchen durch Gegenstände mit Aufforderungscharakter immer wieder in Erzählsituationen gebracht werden können. Dabei wird selbstbestimmtes, ungestörtes Ausprobieren, Wiederholen, Erweitern und Verändern bestimmter Tätigkeiten als Voraussetzung für handelndes Begreifen verstanden, das sich als Erinnerungsbild im Gedächtnis verankert. Dieses Erinnerungsbild ist die Basis für die Erweiterung des Wortschatzes und die Bildung von Begriffen, es kann damit als Grundvoraussetzung für freies Erzählen betrachtet werden.

Praxisideen zur Schaffung freier Erzählsituationen

Der zweite Teil des Buches knüpft an diese Grundvoraussetzungen an und stellt Vorformen des Geschichtenerzählens als Ausgangspunkt für angeleitetes, geplantes Erzählen vor. Im Gegensatz zum ersten Teil, wo die Kinder in freien Erzählsituationen handelnd tätig sind, geht es in diesem Kapitel darum, das Erzählen von zusammenhängenden Geschichten als Entwicklung fassbar zu machen, die schrittweise erfolgt. Besonders gelungen sind hier die vielen Ideen zur praktischen Umsetzung: Gezeigt wird beispielsweise, wie sich einfache Figuren oder in einer Schatzkiste gesammelte Gegenstände als Bindeglieder oder Haltepunkte verwenden lassen, um Kinder zum Erzählen längerer, zusammenhängender Geschichten aufzufordern.

Geschichten bauen

Um die Darstellung von Erzählstrukturen geht es im dritten Teil des Buches: Geschichten haben eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss. Unter "Geschichten bauen" versteht die Autorin, ihren Entstehungsprozess sichtbar zu machen. Wie die Erzählstrukturen von Geschichten für Kinder fassbar gemacht werden können, wird anhand von Praxisbeispielen veranschaulicht - von gemalten oder gebastelten Utensilien, die zu einer offenen Geschichte an eine Wäscheklammer geklammert werden, bis hin zu selbst gebauten Kulissen als Orientierungshilfen.

Vorgegebene Handlungen verändern und fortsetzen

Während es in den ersten drei Teilen ausschließlich um freies Erzählen und Erfinden von Geschichten geht, die durch Impulse vorangetrieben werden, macht die Autorin im vierten Teil Bilderbücher mit bereits abgeschlossenen Handlungen zum Thema. Beschrieben wird, wie die Jungen und Mädchen trotz vorgegebenem Ablauf in die Erzählung von Bilderbüchern einbezogen werden können. So lassen sich Kinder beispielsweise zum Nachdenken, Rätseln und Finden eigener Fortsetzungsideen ermuntern, wenn einzelne Buchstellen mit Hilfsmitteln wie Pappe oder Papiermasken abgedeckt werden. Hier werden die Kinder wieder zum freien Fabulieren ermuntert, womit die im ersten Kapitel vorgestellten Grundlagen noch einmal konkretisiert und in einen komplexeren Zusammenhang eingebettet werden.

Kurzinformationen

TitelSprache anfassen - Ein Werkstattbuch
HerausgeberinMarlies Koenen
Erscheinungsjahr2009
Verlagverlag das netz
ISBN978-3-937785-78-5
Preis19,90 €

Fazit

Dieses Buch beinhaltet viele schöne Praxisbeispiele, wie Sprache in Kindergarten und Schule gefördert werden kann. Die Beispiele sind dabei so klar strukturiert und mit Fotos, Bildern und Skizzen bestückt, dass eine Umsetzung in die Praxis sofort gelingen kann. Bei der Lektüre des Buches kommt es immer wieder zu "Aha-Effekten": So verdeutlicht die Autorin, mit welchen einfachen Mitteln ein solch komplexes Thema wie Sprachförderung praktisch angegangen werden kann. Durch seine sehr praxisnahe Ausrichtung, die vielen Beispiele und die gelungene theoretische Einbettung der einzelnen Arbeitsschritte ist das Buch "Sprache anfassen – Ein Werkstattbuch" sehr empfehlenswert. Es macht das Thema Sprachförderung buchstäblich greifbar und trägt seinen Titel damit zu Recht.

Information zur Autorin

Gabriele Goscinski
ist Erzieherin und Gruppenleitung im Evangelischen Kindergarten in Emmerich am Rhein. Hier ist sie unter anderem für die Bereiche Musik und Rhythmik zuständig.