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Soziales Wohlgefühl in der Kindheit stärkt für die Zukunft

Ob Euro-Schuldenkrise oder Fukushima – globale Probleme greifen immer stärker in unseren Alltag ein. Für Eltern ist es nicht einfach, Kinder auf ein Leben in einer komplexen und teilweise belasteten Welt vorzubereiten. Die Pädagogin Freya Pausewang geht in ihrem neuen Buch darauf ein, wie Kinder für die globalen Herausforderungen gestärkt werden können.

Freya Pausewang im Interview mit BIBER zum Thema ihrer Neuerscheinung "Mach mich stark für meine Zukunft! Wie Eltern und ErzieherInnen die Kinder in der frühen Kindheit stärken können."

BIBER: Die Welt verändert sich in rasantem Tempo. Reicht es heute noch, eine gute Schulbildung zu bekommen, um den Herausforderungen gewachsen zu sein?

Freya Pausewang: Natürlich ist eine gute Schulbildung hilfreich für die Gestaltung der eigenen Zukunft, aber sie ist keineswegs das Einzige und auch nicht das Wichtigste. Auf die Kinder kommen viele Veränderungen zu. Sie müssen flexibler sein, ihren Lebensstil den Veränderungen anpassen und wahrscheinlich auch den Arbeitsplatz häufiger wechseln. Die Menschheit muss sich auf abnehmende Ressourcen einstellen und ihren Konsum verringern. Dafür muss der Einzelne bis an sein Lebensende lernbereit und lernfähig bleiben. Wir müssen vor allem Lebensstile finden, in denen das soziale Miteinander einen weit höheren Stellenwert hat als heute. Zum Beispiel werden sich in Zukunft Modelle wie das Car Sharing erweitern. Es gibt viele Güter, die wir nur selten benötigen und deshalb in Gruppen gemeinsam nutzen können, um den Ressourcenverbrauch zu reduzieren.

BIBER: Wie kann ich mein Kind dafür starkmachen?

Pausewang: In den ersten Lebensjahren sind Kinder begierig zu lernen und sehr begeisterungsfähig. In dieser Zeit sollten sie in ihrer Entwicklung unterstützt werden. Wenn der Mensch in Bereichen lernt, in denen er Erfolge erlebt, macht das Lernen Spaß. Deshalb sollten wir kleine Kinder nicht in ihren Defiziten, sondern in ihren Stärken fördern, denn das erhöht ihre Lernbereitschaft und Lernfähigkeit.

BIBER: Was kann ich tun, um meinem Kind solche Gefühle zu verschaffen?

Pausewang: Eltern sollten Kindern beim Lernen nicht zu viel abnehmen. Nehmen wir ein Krabbelkind, das mit großer Mühe auf einen Beißring zurobbt. Wenn die Mutter dem Kind den Beißring jetzt in die Hand gibt, braucht das Kind sich nicht mehr anzustrengen. Ermuntert sie ihr Kind nur und legt den Beißring notfalls etwas näher, bleiben dem Kind die Bereitschaft sich anzustrengen und auch das Erfolgserlebnis erhalten. Kinder brauchen nicht ständig jemanden, der ihnen die Welt "leicht verdaubar" macht. Erst wenn das Kind aktiv Hilfe sucht, sollten die Eltern handeln.

BIBER: Viele Kinder lieben besonders die Natur, wenn sie klein sind. Kann ich das Verhältnis zur Umwelt gezielt fördern?

Pausewang: Wichtig ist, dass Kinder von klein auf erfahren, dass die Natur empfindlich ist und geschützt werden muss. Deshalb brauchen sie erwachsene Vorbilder, die in überzeugter Haltung die Natur wertschätzen und unnötige Eingriffe vermeiden. Ein Kind nimmt problemlos einen Regenwurm in die Hand, wenn ein Erwachsener es ihm nicht durch eigenen Ekel verdorben hat. Kinder sollten die Vielfalt der Natur erleben: unterschiedliches Wetter, auch Regen und Kälte, verschiedene Tageszeiten, unterschiedliche Landschaften, Jahreszeiten, Tiere und Pflanzen.

BIBER: Im Kindergarten erfährt das Kind sich dann erstmals in einer sozialen Gruppe.

Pausewang: Richtig – und zum ersten Mal gleichberechtigt. Kinder haben ein starkes Bedürfnis nach Kontakt mit Gleichaltrigen. Den sollten Eltern ihnen unbedingt ermöglichen. In den Gruppen lernen sie unglaublich viel. Gewinnt ein Kind eine Führungsposition in einer Gruppe, muss es viel beherrschen: Es muss die Wünsche der anderen integrieren, seine eigenen Wünsche eventuell zurücknehmen, Streit schlichten, Begeisterung ausstrahlen. Für Kinder ist das soziale Zusammenleben viel wichtiger als materielle Freuden. Konsum macht Kinder nicht glücklich. Kinder, die emotionalen Mangel erleiden, entwickeln Schwierigkeiten: Sie haben Ängste und leiden. Viele der materiellen Dinge sind für Kinder nur wegen der Anerkennung in der Gruppe relevant.

BIBER: Das heißt, je kompetenter mein Kind im sozialen Umgang ist, desto glücklicher wird es?

Pausewang: Wir sind aufeinander angewiesen. In der Zukunft, wenn die Ressourcen knapp werden, noch mehr als heute. Kinder, die früh positive Erfahrungen mit Gruppen haben, entwickeln ein Wohlgefühl in sozialen Zusammenhängen, das prägend fürs ganze Leben sein kann. Geben zu können, ist auch in Gruppen ein ganz wichtiger Aspekt. Menschen sind nicht glücklich, wenn Geben und Nehmen nicht ausgeglichen ist. Wobei zu geben stärker macht als zu nehmen.

BIBER: Können auch kleine Kinder schon Geben?

Pausewang: Es geht nicht nur um Materielles. Kleine Kinder können den Eltern etwas geben, indem sie zum Beispiel hilfsbereit sind und eine Arbeit abnehmen. Manchmal wird das dann länger dauern, als wenn Mutter oder Vater es selbst machen, aber für das Kind sind diese Erfahrungen sehr bereichernd und stark machend. Kinder können auch wunderbar trösten. Die Eltern sollten das zulassen. Wenn sie wahrnehmen, was ihr Kind ihnen geben will und es dafür loben, ist das für das Kind ein Erfolgserlebnis. Es versteht: "Ich habe der Gemeinschaft etwas zu geben."

 
 

Kurzinformationen

TitelMacht mich stark für meine Zukunft! Wie Eltern und ErzieherInnen die Kinder in der frühen Kindheit stärken können
AutorinFreya Pausewang
Verlagoekom verlag
Erscheinungsjahr2012
ISBN978-3-96581-282-7
Preis13,95 €
 

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