StartInformieren
  
 
 
 
 

Interreligiöse Bildung verstärken

Kulturelle und religiöse Vielfalt gehören zum Alltag in Kindertagesstätten. Eine kompetente interreligiöse Bildung wird immer wichtiger, damit Kinder lernen, das Fremde zu verstehen und zu respektieren.

Religion beschäftigt Kinder

Religionsgemeinschaften leben längst nicht mehr in abgegrenzten Kulturräumen. Über 100 Religionsgemeinschaften gibt es in Deutschland. Am stärksten sind die beiden christlichen Kirchen mit insgesamt über 50 Millionen Mitgliedern und der Islam mit 3,3 Millionen Vertreterinnen und Vertretern. Spätestens im Kindergarten treffen Kinder verschiedener Herkunft und Religionszugehörigkeit aufeinander. Sie sind deshalb heutzutage "mit Religion ganz anders und vor allem viel stärker befasst als früher", so Dr. Albert Biesinger, Professor für katholische Religionspädagogik an der Universität Tübingen.

Kultur hat auch religiöse Aspekte

Gemeinsam mit seinem Tübinger Kollegen Dr. Friedrich Schweitzer, Professor für evangelische Religionspädagogik, sowie Dr. Anke Edelbrock, Religionspädagogin an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd, leitet er das Forschungsprojekt "Interkulturelle und interreligiöse Bildung in Kindertagesstätten". Ausgangspunkt der repräsentativen Untersuchung, die 2011 beendet sein soll, ist die Tatsache, dass selbst im Rahmen der interkulturellen Erziehung der religiöse Aspekt von Kultur meist ausgeblendet wird. Die Forschungsgruppe, die von der Stiftung Ravensburger Verlag gefördert wird, hat bereits vor einem Jahr eine Pilotstudie veröffentlicht, deren Ergebnisse in dem Buch "Mein Gott - Dein Gott" erläutert sind. Dafür wurden 364 Kitas in acht deutschen Großstädten befragt.

Wo liegt die Wahrheit?

Gut die Hälfte der über 25.000 Kinder, die in diesen Einrichtungen betreut wurden, gehörte der christlichen Religion an, fast ein Fünftel dem Islam, drei Prozent anderen Religionen und 27 Prozent waren konfessionslos. Die Erhebung ergab, dass mit der Anwesenheit von Kindern unterschiedlicher Glaubensrichtungen diese Religionen für die Kinder zum Thema werden. Dabei geht es vor allem um die Unterschiede zwischen Christentum und Islam, beispielsweise hinsichtlich Kleidungs- und Speisevorschriften oder Feiertagen. So wurde in einer Einrichtung beim gemeinsamen Frühstück die Frage aufgeworfen, ob man Schweinefleisch essen dürfe. Solche Gespräche, so die Wissenschaftler, enden ganz schnell bei der interreligiösen Grundfragestellung: Wo liegt die Wahrheit? Deshalb sei interreligiöse Bildung auch schon in Kitas dringend nötig, um das Andere zu verstehen und eine respektvolle Haltung zu fördern. Allerdings blieben "viele Kinder mit ihren religiösen Fragen allein", sagt Friedrich Schweitzer. Denn (inter-)religiöse Bildung wird in vielen Kindergärten ausgeklammert.

Kaum (inter-)religiöse Begleitung

In den befragten nicht-kirchlichen Kitas findet – nach eigenen Angaben der Einrichtungen – religiöse Bildung nur geringfügig statt. Von den kirchlichen Kitas gaben zwar 74 Prozent an, "sehr viel" oder "viel" für die religiöse Bildung zu tun, doch berücksichtigt wird vor allem die christliche Bildung. Islamische Bildung findet in über 90 Prozent der konfessionellen und konfessionslosen Einrichtungen nicht statt. Das bedeutet, dass muslimische Kinder so gut wie keine religiöse Begleitung in der Kita erfahren - und die anderen Kinder kaum über den Islam informiert werden. Interreligiöse Bildung findet ebenfalls kaum statt – wenn überhaupt, dann eher in konfessionellen Einrichtungen.

Religionspädagogik stärken

Die Untersuchung belegt zugleich, dass die mangelnde religiöse und interreligiöse Bildung keineswegs einfach den Erzieherinnen und Erziehern anzulasten ist. In der Aus- und Weiterbildung werden religionspädagogische Fragen zu wenig berücksichtigt und zudem bekommen die Einrichtungen diesbezüglich meist noch zu wenig Unterstützung durch die Träger. "Insgesamt fehlt es an Modellen, Materialien und Beispielen, an denen sich die Praxis besonders bei der interreligiösen Bildung orientieren könnte", heißt es.

Weiterlesen

>

"Kinder sind kleine Theologen"
Religiöse Fragen beschäftigen auch schon kleine Kinder. Interreligiöse Bildung sollte deshalb auch ein fester Bestandteil des Kindergartenalltags sein.

>

Unterschiede als Bereicherung erleben
Eltern der Kinder in der Kita Komsu stammen aus 18 verschiedenen Ländern, christliche Feste werden genauso gefeiert wie islamische und kurdische.

>

Wunsch nach interreligiöser Erziehung
Viele Eltern wünschen sich eine interreligiöse Bildung im Kindergarten, so dass die Kinder andere Religionen und deren Bräuche kennenlernen könnten.

>

Literatur für Kinder und Erwachsene
Aus der Vielzahl von Kinder- und Erwachsenenbüchern, die zu diesem Thema angeboten werden, haben wir einige für Sie ausgewählt.

Zurück

>

Interreligiöse Bildung im Kindergarten
zur Einstiegsseite des Blickpunkts