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Sprache als phantasievolles Werkzeug

Sprachförderung heißt nicht nur, dass eine Lücke im Wortschatz aufgefüllt wird oder dass eine grammatische Regel erklärt wird. Im Alltag des Kindergartens werden sprachliche Bildungspropzesse bei den Kindern auf ganzheitliche Weise wahrgenommen und begleitet. Dabei werden auch die Eltern mit einbezogen.

Rollenspiel oder Filmnacherzählung

Kinder erobern sich das "Werkzeug" Sprache – wie, das ist dem individuellen Tempo überlassen und variiert nach Temperament und Persönlichkeit. Hilfreich ist ein offenes Umfeld, zu Hause wie im Kindergarten, das der kindlichen Sprachentwicklung positiv gegenübersteht. Denn Sprache kann Spaß machen, schließlich bereitet sie den Jungen und Mädchen in Form von Liedern und Reimen großes Vergnügen: Das eine Kind erfindet gerne Quatschreime, ein anderes spricht aus Spaß wie ein Roboter, weil es das in einem Film gesehen hat oder verblüfft im Rollenspiel mit ganzen Dialogen seines Lieblingsbuches. Es ist immer wieder überraschend, wie phantasievoll und kreativ Kinder mit dem Werkzeug Sprache umgehen.

Kreativität erhalten und fördern

Diese Kreativität zu fördern und zu erhalten sollte das Bestreben sein, so die Expertinnen und Experten des Projekts "Sprachliche Förderung in der Kita" vom Deutschen Jugend Institut (DJI). Es geht dann eben nicht um das rasche Auffüllen von Lücken im Wortschatz oder in der Grammatik. Fachkräfte im Kindergarten sollten qualifiziert werden für eine sensible und theoriegestützte Wahrnehmung der Kindersprache. Wenn eine Erzieherin oder ein Erzieher aufmerksam darauf achtet, was ein Kind schon kann, oder wenn die pädagogische Fachkraft bemerkt, welche Strategie ein Kind anwendet, grammatikalische Regeln zu verinnerlichen, kann sie oder er individuell unterstützend reagieren. "Ausgangspunkt sprachlicher Förderung, Anregung und Unterstützung von Kindern sind deren sprachliche und kommunikative Fähigkeiten, ihre Ausdruckskraft und ihr sprachliches Wissen – also ihre sprachlichen Kompetenzen. Ein solches Vorgehen setzt fundiertes Wissen seitens der Fachkräfte voraus, um nicht nur das kindliche, sondern auch das eigene sprachliche Verhalten sensibel und theoriegestützt einschätzen zu können. Nur so können sie sprachliche Bildungsprozesse der Kinder wirkungsvoll begleiten und anregen", so formulierte es Dr. Kerstin Leuckefeld vom DJI auf einer Expertenrunde zur Sprachförderung im Kindergarten im April 2009.

"Kinder lernen voneinander"

"Unabhängig vom Engagement der Erzieherinnen und Erzieher, ist es für mich bemerkenswert, wie die Kinder im Kindergarten voneinander lernen", sagt Iryna Safronov aus Berlin, deren fünfjährige Tochter Anastasia zu Hause Russisch spricht. "Noch vor einem Jahr hatte sie einen Akzent. Sie war sehr schüchtern, traute sich nicht, offen zu sprechen. Inzwischen spricht sie sehr gut Deutsch, sie hat keinen Akzent mehr und ich frage sie bereits, wenn mir ein Wort im Deutschen nicht sofort einfällt."  Die Mutter hat beobachtet, dass ihre Tochter es "richtig genießt", die deutsche Sprache auszuprobieren. Sonja Jahn, Diplom-Sozialpädagogin vom Frohsinn Bildungszentrum Augsburg e.V kann diese Einschätzung nur bestätigen. "Kinder lernen wirklich prima voneinander. Und aus unserem Alltag kann ich sagen, dass Kinder sich auch manchmal mehr trauen, sprachlich etwas auszuprobieren, wenn sie sehen: Der oder die andere kann es auch nicht so gut."

Auch die Eltern werden mit einbezogen

Das Frohsinn Bildungszentrum Augsburg e.V ist Träger der "Kinderwelt Augsburg". In dieser Einrichtung werden 50 Kinder betreut, die fast alle einen Migrationshintergrund haben. Auch die Eltern nichtdeutscher Herkunft werden mit einbezogen, wenn es um die Förderung der deutschen Sprache geht. Schließlich können Kinder, die Deutsch als Fremdsprache lernen, dies nur gut, wenn sie sich auch gut in ihrer Muttersprache auskennen. Deshalb gibt es einmal in der Woche einen Termin für Eltern, wo sie in ihrer Muttersprache über das jeweilige "Thema der Woche" im Kindergartenalltag informiert werden. Arbeitsblätter, die die Mütter mit ihren Kindern in der Muttersprache durchgenommen haben, werden im Kindergarten auf Deutsch behandelt. "Es ist ein tolles Projekt", sagt Sonja Jahn, "denn es vermittelt den Eltern, wie wichtig sie für die Entwicklung ihrer Kinder sind. Einige Eltern haben ein ziemlich defizitäres Bild von sich, weil sie die deutsche Sprache nicht so gut beherrschen und es ist wichtig, dass wir sie in ihrem Selbstbewusstsein stärken. Wir haben deshalb auch unser mehrsprachiges Bilderbuchkino eingeführt, bei dem ein Elternteil jeweils in seiner Muttersprache ein Buch vorliest (welches dann anschließend noch einmal auf Deutsch vorgelesen wird). Die Kinder sind jedes Mal so stolz auf ihre Eltern- und auch auf sich, weil sie beide Sprachen verstanden haben."

Medien bringen Kinder in den Dialog

Die Berliner Mutter Iryna Safronov setzt darauf, dass man sich viel mit ihrer Tochter beschäftigt – das verlangt sie von den Erzieherinnen und Erziehern und das ist sie auch bereit, selbst zu leisten. Und sie hat gute Erfahrung gemacht mit der aktiven Medienarbeit. Die in Deutschland verbreiteten Bedenken, Kinder könnten zu viel Fernseh gucken, sind ihr unverständlich. "Mit einem Messer kann man auch jemanden verletzen – aber in der Regel braucht man es, um Brot zu schneiden", sagt sie und verdeutlicht ihre Auffassung: "Wenn man Erzählanlässe schafft, wenn man mit seinem Kind zusammen guckt, später darüber spricht oder vielleicht etwas von dem gesehen malt, kann ich nichts dagegen sagen. Außerdem sind Medienprojekte Teamarbeit, sie benötigen Absprachen und gemeinsame Entscheidungen."

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