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Eher Fluch als Segen

Wenn Kinder über einen gesehenen Film erzählen oder etwas nachspielen wollen, reagieren Erzieherinnen und Erzieher verunsichert. Mit Fernsehsendungen oder Computerspielen kennen sie sich höchstens aus, wenn sie selbst gerade Kinder im Kindergartenalter haben.

"Tür-und-Angel-Gespräche"

 zwei Kinder vor dem Fernseher; ©iStock

Professorin Dr. Ulrike Six vom Institut für Kommunikationspsychologie, Medienpädagogik und Sprechwissenschaft der Universität Koblenz-Landau hat bereits vor zwölf Jahren Erzieherinnen und Erzieher in Nordrhein-Westfalen zur Mediennutzung im Kindergarten befragt. Vor zwei Jahren gab es eine ähnliche Befragung – mit fast demselben Ergebnis: Erzieherinnen, in geringerem Maße auch Lehrkräfte, assoziieren mit dem Fernsehen, künftigen Entwicklungen im Fernsehbereich sowie neueren Entwicklungen auf dem Computersektor eher "Fluch" als "Segen" - insbesondere dann, wenn es um Kinder im Kindergarten- beziehungsweise Grundschulalter und um die Arbeit im Kindergarten geht. Dies zeigte bereits ihre Untersuchung "Fernsehen - (k)ein Thema in Kindergarten und Grundschule? Bestandsaufnahme zur Medienerziehung", die von der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) in Auftrag gegeben wurde. Der Titel des Forschungsprojektes lautet "Medienerziehung im Kindergarten - Entwicklung der medienbezogenen Problemwahrnehmungen und -bewältigungsstrategien von Erzieherinnen und Erziehern". Damals wie heute fand und findet kaum Elternarbeit zur Medienerziehung statt. Nach Auskunft der Erzieherinnen handelt es sich dabei - wenn überhaupt - um kurze "Tür-und-Angel-Gespräche".

Spielen Kinder einen Film nach, wird es ignoriert

Wie die Befragungen gezeigt haben, findet in Kindergärten eine Anregung zu medienbezogenen Aktivitäten kaum statt; beispielsweise werden die Kinder kaum zum Nacherzählen oder Nachspielen von Medienerlebnissen oder zum Malen von Medienfiguren animiert. Ähnliches gilt auch für konstruktive Reaktionen auf medienbezogenes Verhalten: Wenn Kinder im Kindergarten etwa über einen gesehenen Film erzählen oder Szenen aus Medieninhalten nachspielen, so wird ein solches Verhalten von mehr als jeder dritten Erzieherin nach eigenen Angaben ignoriert, während es über die Hälfte explizit negativ bewertet und/oder die Kinder zu einer anderen Aktivität zu bewegen versucht. Ein konstruktives Aufgreifen medienbezogenen Verhaltens der Kinder für ein gezieltes, der Förderung von Medienkompetenz dienliches medienpädagogisches Handeln geschieht in der Regel nicht.

Sind Erziehende heute besser im Bilde?

Sind Erzieherinnen und Erzieher heute besser im Bilde über den Fernsehkonsum von Kindern? "Nach wie vor überschätzen die pädagogischen Fachkräfte im Kindergarten den Fernsehkonsum der Kinder. Die Mehrheit der von uns befragten Erzieherinnen und Erzieher meint, dass heutige Kindergartenkinder mehr fernsehen als solche vor fünf Jahren, und liegt mit ihrer Einschätzung insofern nicht richtig, als die Fernsehnutzungsdauer von Kindern tatsächlich seit Jahren ausgesprochen stabil geblieben ist", sagt Professorin Dr. Ulrike Six. Kenntnisse über Lieblingsfernsehsendungen im Vorschulalter oder beliebte Computerspiele sind kaum vorhanden. "Die Erzieherinnen sind am besten vertraut mit Lieblingsbüchern der Kinder", berichtet Professorin Six. "Fernsehsendungen kennen sie kaum aus eigener Anschauung – es sei denn, sie haben selbst zufällig eigene Kinder im Vorschulalter. In den persönlichen Interviews mit Erzieherinnen hat sich gezeigt, dass sie stark von eigenen medialen Interessen und Erfahrungen sowie vom persönlichen Geschmack geprägt sind. So fühlen sie sich vor allem mit Medien vertraut, mit denen sie selbst groß geworden sind, die sie von den eigenen Kindern her kennen und die sie selbst als wichtig und wertvoll empfinden." Bei der Befragung vor zwölf Jahren hatte es ähnliche Ergebnisse gegeben.

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