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Beziehungen zu Kindern gestalten

Das Praxisbuch "Beziehungen zu Kindern gestalten" ist eine Handreichung, die Erzieherinnen und Erziehern die verschiedenen Aspekte der Beziehungsarbeit mit Kindern nahebringt – ein elementarer Teil des Berufs, der jedoch kaum Beachtung findet.

"Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen", postuliert ein häufig zitiertes afrikanisches Sprichwort. Da die heutigen Familienstrukturen jedoch zu einer geringeren Beziehungsauswahl für Kinder führen, kommt den Erzieherinnen und Erziehern hierbei eine besondere Bedeutung zu. Eine gute, vertrauensvolle Beziehung zur pädagogischen Fachkraft bildet die Basis für eine unbelastete, erfolgreiche Entwicklung des ihr anvertrauten Kindes. Doch in der Berufspraxis gibt es nur wenig Raum für Beziehungsarbeit mit Kindern; vielmehr wird von den Erzieherinnen erwartet, das Vertrauen der Kinder "nebenbei" zu gewinnen oder sogar das Talent dazu von vornherein mitzubringen.

Beziehung als Forschungsgegenstand

Das Buch möchte zeigen, wie durch einfühlsames, verlässliches Verhalten der pädagogischen Fachkräfte eine stabile Bindung zu Kindern aufgebaut werden kann, sodass sie sich angenommen und geschätzt fühlen. Ist diese Grundlage geschaffen, besteht laut der Autorin Hedi Friedrich sogar die Möglichkeit, Entwicklungsdefizite zu verhindern oder auszugleichen. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Bindungs-, Resilienz- und Hirnforschung haben dies bestätigt. In dem Buch wird darauf eingegangen und ein Literaturverzeichnis verweist auf weiterführende Literatur.

Struktur und Inhalt

Die ersten Schritte

Das Praxisbuch ist in insgesamt zwölf Kapitel untergliedert, deren Reihenfolge an den biografischen Beziehungserlebnissen eines Kindes orientiert ist. So werden, nach der Erläuterung einiger bindungstheoretischer Aspekte im ersten Kapitel, das Selbstbild und seine Entwicklung im zweiten Kapitel in den Blick genommen. Das dritte Kapitel informiert über die verschiedenen Verhaltensweisen von Kindern bei der ersten Kontaktaufnahme. Anschließend folgt das ausführlichste Kapitel, welches Auskunft über die Bausteine gibt, mit denen man die Beziehung zu einem Kind im Alltag aktiv gestalten kann. Anstatt beispielsweise ein Kind, das Aufmerksamkeit einfordert, verärgert anzugreifen ("Du störst! Kannst du dich nicht mal fünf Minuten allein beschäftigen!"), bewahrt eine klare Mitteilung das Selbstwertgefühl des Kindes und ermöglicht ihm, sich für das richtige Verhalten zu entscheiden: "Ich möchte das hier noch fertig machen, das ist mir wichtig. In fünf Minuten höre ich dir zu." Trauer und Wut der Kinder sollte mit Verständnis und Trost begegnet werden. Wenn ein Kind weint, weil es zu jung für einen Film mit Altersbegrenzung ist, reagiert die pädagogische Fachkraft besser mitfühlend, um die Beziehung zu ihm nicht zu gefährden. Sie hilft dem Kind, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen: "Jetzt bist du enttäuscht, weil du nicht mitgehen kannst.". Fällt die Antwortet jedoch verständnislos oder gar schnippisch aus ("Das ist halt so, da brauchst du gar nicht zu heulen!"), verletzt man das Kind nur noch mehr und lässt es mit seinem Schmerz allein.

Kontexte von Beziehungen

In den Kapiteln 5 bis 12 bringt die Autorin die Aufgabe der Beziehungsarbeit in berufspraktische Zusammenhänge. Sie zeigt unter anderem auf, dass Kinder und Erwachsene Zeit unterschiedlich erleben und welche Rolle das Phänomen der Zeit beim Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung spielt. Weiterhin werden die Beziehungen von Kindern zu Gleichaltrigen, aber auch zu Gegenständen, Tieren und der Natur thematisiert. Der Besitz eines geliebten Kuscheltieres etwa spielt für viele Kinder eine wichtige Rolle, denn ein solches "Übergangsobjekt" spiegelt die emotionale Bindung zu einer Beziehungsperson wider. In der Bindungsforschung wird dies in engem Zusammenhang mit der Entwicklung späterer, zwischenmenschlicher Beziehungen gesehen. Doch auch das Sammeln vermeintlich wertloser Gegenstände wie Steine, Muscheln oder Kastanien ermöglicht es Kindern, sich ein Stück Welt verfügbar zu machen und darüber zu bestimmen. Das zwölfte Kapitel schließt den Themenbogen und schildert den Umgang mit Abschied, Trennung und Verlust.

Gestaltung und Anschaulichkeit

Das Layout des Buches wird von einem frischen Grün dominiert. Eine farblich entsprechend hinterlegte Seite leitet jedes neue Kapitel ein und enthält typische Phrasen, die die Beziehung zu Kindern prägen und zum Nachdenken animieren, beispielsweise "Schön dich zu sehen!" oder auch "Schäm dich!". Die Textinhalte werden mithilfe von aus dem Alltag gegriffenen Beispielsituationen der Beziehungen zwischen Kindern und pädagogischen Fachkräften verdeutlicht. Die kursive Schriftart sowie die Markierung mit einer kleinen Sprechblase erleichtert die gezielte Suche dieser Situationsbeispiele. Reflexions-Kästen fordern Leserinnen und Leser durch Fragen nach Erfahrungen und Einstellungen zum Nachdenken über das eigene Verhalten im Umgang mit Kindern auf. Abbildungen in Schwarzweiß lockern das Schriftbild auf und veranschaulichen die thematisierten Phänomene.

Kurzinformationen

TitelBeziehungen zu Kindern gestalten
AutorinHedi Friedrich
VerlagCornelsen Scriptor
Ausgabe4. Auflage 2008 (komplett überarbeitet und erweitert)
ISBN978-3-589-24616-8
Preis19,95 €

Fazit

Dank der wissenschaftlich fundierten und gut verständlichen Texte gelingt es der Autorin, die Bedeutung vertrauensvoller Zuwendung und ehrlichen Interesses für eine gesunde Kindesentwicklung herauszustellen. Viele Beispieldialoge veranschaulichen, wie Erzieherinnen und Erzieher einen Zugang zu kindlichem Denken finden und auf diese Weise den Status einer Vertrauensperson erlangen können. Besonders gelungen sind die Anregungen zur Selbstreflexion, denn beim Aufbau einer Beziehung bringen alle Beteiligten ihre Erfahrungen, Wünsche und Ängste mit ein. Das Buch bietet konkrete Vorschläge zum Umgang mit verschiedenen Konfliktsituationen und stellt somit auch für erfahrene Fachkräfte eine Möglichkeit dar, ihr Beziehungsverhalten zu reflektieren.

Informationen zur Autorin

Maja Neupert
ist Studentin der Soziologie, Pädagogik und Skandinavistik und arbeitet als studentische Hilfskraft bei BIBER - Netzwerk frühkindliche Bildung. Im Sommer 2011 hat sie ein vierwöchiges Praktikum in einer schwedischen Vorschule absolviert.