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"Lesen macht das Leben sehr viel reicher"

Sie illustriert und schreibt wunderbare Kinderbücher - Rotraut Susanne Berner im Interview über ihre Leseerfahrungen.

Lust auf Geschichten - Lust auf Lesen

Rotraut Susanne Berner wurde 1948 in Stuttgart geboren und ist international eine der bekanntesten und meistgeehrten Illustratorinnen. Seit 1977 arbeitet sie als freie Grafikerin und Illustratorin und hat eine Vielzahl von Kinder- und Jugendbüchern bebildert. Für ihr Gesamtwerk wurde die Illustratorin 2006 mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises ausgezeichnet. In früheren Jahren erhielt sie für Einzeltitel wie Das Sonntagskind (1984), Als die Welt noch jung war (1996) und Bloße Hände (1998) den Deutschen Jugendliteraturpreis. Sie war drei Mal für den Hans-Christian-Andersen-Preis nominiert. Ihre wortlosen "Wimmelbücher" der vier Jahreszeiten haben in den vergangenen Jahren (2003 bis 2006) einen wahren Siegeszug durch deutsche Kinderzimmer angetreten – für Eltern wie Kinder gibt es dort immer wieder neue Geschichten zu entdecken. Im BIBER-Interview rät sie zu Gelassenheit, falls ein Kind partout nicht fürs Lesen zu begeistern ist.

BIBER im Gespräch mit Rotraut Susanne Berner

BIBER: Hatten Sie ein Lieblingsbuch als Kind?

Rotraut Susanne Berner: Ich hatte, wie die meisten Menschen auch, meinem Alter entsprechend, mehrere Lieblingsbücher. Als Mädchen habe ich unter anderem Heidi geliebt, als kleineres Kind habe ich mit  Vorliebe die Bildergeschichten von Wilhelm Busch betrachtet.

BIBER: Hat das Lesen in Ihrer Kindheit eine große Rolle gespielt?

Rotraut Susanne Berner: Das Lesen war - auch in Ermangelung anderer Angebote - das Wichtigste überhaupt. Ich habe mich mit Büchern aus der Bibliothek versorgt. Damals gab es keine so große Auswahl, so dass ich viele Bücher mehrere Male ausgeliehen habe. Auch konnte ich die Bücher meiner etwas älteren Schwester lesen. Wir hatten zuhause sicherlich überdurchschnittlich viele Bücher für die damalige Zeit, da mein Vater im Verlag gearbeitet hat und bei jeder Gelegenheit, ob Weihnachten, Ostern, oder Geburtstag, immer auch ein Buch auf dem Gabentisch lag.

BIBER: Stichwort: Lesekompetenz. Welche Bedeutung hat das Vorlesen für Kinder?

Rotraut Susanne Berner: Dazu kann ich, aus Mangel an eigener Erfahrung, nicht viel sagen. Ich glaube aber, dass in Haushalten, in denen regelmäßig gelesen wird, die Kinder auch lesen werden. Mein Vater hat mir Gedichte vorgelesen und Geschichten erzählt - es scheint mir schon wichtig, dass man als Kind mit der Welt der Buchstaben, genau wie mit der realen Welt, zu tun bekommt. Es macht das Leben einfach sehr viel reicher und weniger langweilig.

BIBER: Viele Kinder lesen nicht gern. Wie kann man Kinder zum Lesen motivieren?

Rotraut Susanne Berner: Manchmal scheint es mir etwas übertrieben, dass dem Lesen eine so große Rolle zugeschrieben wird: sicher können Menschen auch ohne Bücher glücklich werden, und eine wirkliche Katastrophe ist es sicherlich nicht, wenn ein Kind partout nicht lesen mag. Es kommt sowieso darauf an, was man mit seinem Leben im Ganzen anstellt. Ein Kind, das nur liest, ist sicher auch nicht das, was man sich wünscht. Leider gibt es, vor allem im ersten und entscheidenden Lesealter, grauenhaft langweilige und betuliche Bücher, die offenbar nur darauf aus sind, das Kind nicht zu überfordern. So entstehen Bilder und Texte, die so leicht und oberflächlich und langweilig sind, dass sie den Lesern gar nicht sagen: lies mich weiter, ich bin spannend, ich bin toll ... – aber genau das sollten Bücher doch tun.

BIBER: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen? Wollten Sie schon als Kind Bücher schreiben/gestalten?

Rotraut Susanne Berner: Ja, das wollte ich schon sehr früh gerne tun. Allerdings hat es lange gedauert, bis ich so weit war. Vorher habe ich mich lange mit der "Außenhaut" der Bücher als Graphikerin beschäftigt, bevor ich den Schritt ins Innere der Bücher gewagt habe.

BIBER: Gibt es goldene Regeln beim Schreiben von Kinderbüchern?

Rotraut Susanne Berner: Sicher nicht. Außer der, dass man seine eigene Arbeit immer ernst nehmen sollte.

BIBER: Glauben Sie, dass es bestimmte Themen gibt, die Kinder besonders ansprechen?

Rotraut Susanne Berner: Themen sind, glaube ich, nicht wichtig. Sie sind sowieso schon alle längst erzählt. Die Frage ist lediglich, wie man etwas erzählt, ob in Bildern oder in Texten.

BIBER: Was macht ein gutes Kinderbuch Ihrer Meinung nach aus?

Rotraut Susanne Berner: Es darf nicht langweilig sein. Damit meine ich aber nicht die Geschichte. Es gibt eben viele Mittel, auch eine einfache Geschichte so zu erzählen, dass ein Kind sich erstens darin wiederfinden kann, zweitens Luft für eigene Gedanken und Fantasien darin haben kann und drittens die Lust am Umblättern bis zur letzten Seite bleibt.

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